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Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklärung und ihre Bedeutung im Arzthaftungsprozess

Dass Patienten vor einer medizinischen Behandlung umfassend aufgeklärt werden müssen, ist allgemein bekannt und rechtlich klar geregelt. Dennoch kommt es in der medizinischen Praxis häufig vor, dass diese Aufklärung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Relevant wird dieser Umstand, wenn es im Nachgang zu Komplikationen kommt und infolgedessen ein Arzthaftungsprozess stattfindet. Bei Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht greift nämlich – wie auch beim Vorliegen von Behandlungsfehlern – die Arzthaftung.

Themen: #Privatrecht #Medizinrecht

Erschienen am 16.11.2025

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Rechtlicher Hintergrund der notwendigen Aufklärung 

Hintergrund der notwendigen Aufklärung ist, dass jede medizinische Behandlung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten darstellt, die grundsätzlich als rechtswidrige Körperverletzung angesehen wird. Damit die Behandlung rechtmäßig ist, muss vor dem Eingriff rechtzeitig die Einwilligung des Patienten nach § 630d Abs. 1 BGB eingeholt werden. Denn Patienten haben das Recht, selbstbestimmt über ihre Behandlung zu entscheiden.

Eine Einwilligung kann allerdings nur dann wirksam erteilt werden, wenn im Vorfeld der Behandlung eine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgt ist. Wenn es an einer solchen fehlt, kann nicht wirksam eingewilligt werden. Folge hiervon ist, dass der Eingriff rechtswidrig ist. 

 

Beweislastverteilung

Kommt es zum gerichtlichen Verfahren, obliegt die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung dem behandelnden Arzt, was gesetzlich in § 630h Abs. 2 S. 1 BGB festgelegt ist.

Gelingt es dem Arzt nicht, zu beweisen, dass er den Patienten hinreichend aufgeklärt hat, haftet er grundsätzlich. Dies gilt auch dann, wenn kein Behandlungsfehler vorliegt, sich also etwa nur ein typisches Risiko der Behandlung verwirklicht hat.

Wenn der Patient durch die Behandlung einen Gesundheitsschaden erlitten hat, können dann etwa Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

 

Aufklärungsinhalt

In § 630e Abs. 1 BGB ist gesetzlich vorgeschrieben, dass der Patient über sämtliche für die Einwilligung in die Behandlung wesentlichen Umstände aufzuklären ist.

Der Patient muss über den Verlauf der Behandlung, insbesondere über Art und Umfang der Maßnahme, sowie über deren Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Therapie informiert werden. 

Auch muss über mögliche Risiken aufgeklärt werden, wobei die Risikoaufklärung mit den größten Schwierigkeiten in der Praxis verbunden ist. Hierbei müssen nicht alle möglichen Folgen medizinisch exakt in allen denkbaren Erscheinungsformen erläutert werden, sondern es reicht es aus, wenn der Patient „im Großen und Ganzen“ aufgeklärt wird, also ein allgemeines Bild davon erhält, welche Folgen die Behandlung haben kann. 

Nach § 630e Abs. 1 S. 3 BGB ist explizit auch auf mögliche Behandlungsalternativen einzugehen, wenn mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die jeweils zu unterschiedlichen Belastungen des Patienten, Risiken oder Heilungschancen führen können.

Grundsätzlich gilt: Je dringlicher der Eingriff ist, desto geringere Anforderungen werden an die Aufklärung gestellt.

 

Zeitpunkt und Form der Aufklärung

Die Aufklärung hat nach § 630e Abs. 2 BGB mündlich zu erfolgen, das bloße Vorlegen eines Aufklärungsbogens reicht nicht aus. In dem Aufklärungsgespräch kann aber ergänzend auf die Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhalten muss.

Hinsichtlich des Zeitpunkts der Aufklärung muss die Information so rechtzeitig erfolgen, dass dem Patienten genügend Zeit bleibt, die Risiken abzuwägen und wohlüberlegt eine Entscheidung zu treffen. Umso schwieriger und risikoreicher der Eingriff ist, desto mehr Zeit muss dem Patienten hierfür zugestanden werden. Ausnahmen können bei Notfalloperationen gelten.

 

Fazit

Die Aufklärungspflicht ist weit mehr als eine bloße Formalität – die Rechtsprechung stellt erhebliche Anforderungen an die ärztliche Aufklärung. Ist eine Aufklärung unterblieben oder nicht vollständig erfolgt, kann allein dieser Umstand die Arzthaftung begründen und gravierende rechtliche Folgen nach sich ziehen.

Tamara Grübel

Autorin:

Rechtsanwältin Tamara Grübel

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Kompetenzen
  • Medizinrecht
  • Versicherungsrecht
  • Zivilrecht
  • Lehrbeauftragte der Hochschule Ansbach im Spezialstudiengang “Leadership im Gesundheitswesen” (Krankenhausrecht, Medizinrecht)

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Dr. Bettina Schacht

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